Ursachen

Die Ursachen der Inflation

Die Ursünde

Der Beginn der Inflation der Weimarer Republik lässt sich auf den Tag genau feststellen: Es war der 4. August 1914. Wenige Tage nach Beginn des Ersten Weltkriegs beschloss der Reichstag die so genannten Währungsgesetze. Diese hoben zum einen die Golddeckung der Reichsmark auf. Zum anderen wurde mit den Darlehnskassen eine Art Parallel-Notenbank geschaffen. Sie sollten die Wirtschaft finanzieren, gaben dazu Darlehnskassenscheine heraus, die den gleichen Wert hatten wie Reichsmarkscheine. 


Die Reichsbank konzentrierte sich auf die Finanzierung des Staates und des Krieges. Bis zu dessen Ende verfünffachte sich so die umlaufende Geldmenge im Reich, während die Wirtschaft 1919 gleichzeitig um rund ein Drittel geschrumpft war.

Gebietsverluste

Allerdings stand Deutschland mit dieser finanziellen Belastung nicht allein. Frankreich und Großbritannien hatten ganz ähnliche Probleme. Deutschland jedoch verlor zum einen nach dem Krieg rund 13 Prozent seiner Fläche, 10 Prozent der Bevölkerung und sämtliche Kolonien. In den abgetretenen Gebieten befanden sich wichtige wirtschaftliche Zentren. So gingen beispielsweise 75 Prozent des Eisenerzabbaus, 68 Prozent des Zink- und 26 Prozent des Steinkohleabbaus verloren. Und auf Basis der drastisch geschrumpften Wirtschaftskraft mussten 1,5 Millionen Kriegsbeschädigte und 1,7 Millionen Kriegshinterbliebene versorgt werden, mehr als fünf Prozent der Bevölkerung.


Reparationen

Doch damit nicht genug. Zusätzlich musste Deutschland an die Siegermächte Reparationen leisten. Im Londoner Zahlungsplan von Mai 1921 wurden diese auf 132 Mrd. Goldmark festgelegt – mit Goldmark war der Wert der Mark vor dem Krieg gemeint, als diese fest an Gold gebunden war. Der Betrag entsprach somit rund 47.000 Tonnen Gold und damit mehr als der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes.


Trügerische Erfahrung

All das belastete den Staatshaushalt dramatisch, der daher nach Ende des Krieges ständig hochdefizitär war. Doch hinzu kam, dass es unter Politikern, Industriellen und Gewerkschaften keinerlei Interesse an einer Bekämpfung der Inflation gab. Denn die USA und Großbritannien hatten direkt nach dem Krieg die Inflation in ihren Ländern mit drastischen Zinserhöhungen niedergerungen – zum Preis einer schweren Rezession und einer Massenarbeitslosigkeit. Die Reichsbank dagegen verzichtete auf solche Maßnahmen, was dazu führte, dass die deutsche Wirtschaft in den Jahren 1919 bis 1921 boomte. In Deutschland herrschte Vollbeschäftigung.


Krude ökonomische Theorie

Begleitet wurde diese Erfahrung durch eine ökonomische Theorie, die in Deutschland unter Ökonomen, Politikern und Industriellen dominant war. Sie besagte, dass die Ursache der steigenden Preise im Außenhandelsdefizit lag. Deutschland importierte damals weit mehr als es exportierte. Dies führe – so diese Theorie – zu einem Wertverlust der Mark und dies wiederum lasse die Preise im Inland steigen. Deshalb müsse die Reichsbank dann als Folge immer mehr Geld drucken. Das Gelddrucken war in dieser Theorie also nicht Ursache, sondern Folge der Inflation.


Im Ausland rauften sich sämtliche Ökonomen die Haare ob solcher Ideen. Doch Deutschlands führende Experten waren nicht davon abzubringen. Ihr ganzes Trachten galt daher lange Zeit einer Beseitigung des Außenhandelsdefizits, und dies sei am besten über längere Arbeitszeiten zu erreichen, wie die Industriellen stets betonten. Damit konnten sie gleichzeitig gegen den Achtstundentag agitieren, der nach der Revolution von 1918 eingeführt worden war.


Ruhrkampf

Völlig aus dem Ruder lief die Inflation dann 1923. Als Deutschland die Reparationen nicht mehr leisten konnte, besetzte Frankreich das Ruhrgebiet. Deutschland hatte dem militärisch nichts entgegenzusetzen. Daher rief Berlin die Bevölkerung in den besetzten Gebieten zum passiven Widerstand auf. Sie sollten in Streik treten – bei der Bahn, in der Verwaltung, in den Kohlegruben, in den Industriebetrieben. Der deutsche Fiskus kam für ihre Löhne auf – und damit explodierte die Staatsverschuldung natürlich. Die Preise stiegen nun immer schneller, bis sie im Herbst Millionen-, Milliarden- und schließlich Billionenbeträge erreichten.



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